Die evangelische Schlosskirche Löhnberg
Gerne laden wir Sie ein, unsere Schlosskirche zu besichtigen. Sie ist täglich geöffnet. Hier bekommen Sie einen kunsthistorischen Überblick über diese sehr besondere Kirche. Alle Texte sind von Dr. Verena Fuchß verfasst. Die Bilder stammen von I.H. Thiemann. Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt.
Der Ort Löhnberg
Der erste Siedlungskern des heutigen Löhnberg war eine fränkische Niederlassung namens Heimau. Sie lag in der Talebene der Lahn, fiel 1255 bei der Erbteilung Nassaus an Graf Otto von Nassau (Oranische Linie) und erhielt im Jahre 1321 Stadtrechte. Zum Schutz Heimaus sowie der nahegelegenen Grenze zu Nassau-Weilburg wurde auf der spornartig vorrragenden Höhe des Schletsberges die sog. Laneburg errichtet (1324 erstmals urkundlich erwähnt). Vor der Burg entwickelte sich dann der heutige Ort Löhnberg, während Heimau wüst fiel. Ort und Burg durchlebten eine wechselvolle Geschichte - ständige Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Besitzern der Burg, Verpfändungen an mehrfach wechselnde Herrschaften und die Nähe zur Residenzstadt Weilburg verhinderten aber ein wirkliches Aufblühen von Burg und Gemeinde. Im 16. Jh. und frühen 17. Jh. wurde die ursprünglich rein militärische Anlage schlossartig ausgebaut und war kurzzeitig Nebenresidenz von Nassau-Dillenburg. Im Jahr 1900 brannte das Schloss, das nur noch als Zehntscheune genutzt wurde, aus und verfiel, bis es 1999-2001 umfassend restauriert wurde.
Die evangelische Kirche
Etwa hundert Meter südwestlich der Laneburg erhebt sich in der Nähe des Felsabsturzes zur Lahn die evangelische Kirche. Sie steht inmitten ihrer alten erhaltenen Kirchhofsmauern des 18. Jahrhunderts, die den ehemaligen Friedhof umhegten und Teil des Stadtberinges war. Ihr Vorgängerbau diente als Burgkapelle und entstand spätestens 1342 - in diesem Jahr bezeugt eine Schriftquelle die Existenz einer Kirche im Burgbereich. Ab 1355 ist zudem ein eigener Priester belegt.
Von dem mittelalterlichen Bau ist nur noch die Chorapsis erhalten, die im Grundriss eine 5/8-Form zeigt und zeittypisch hohe Spitzbogenfenster besitzt. Das Langhaus war im 18. Jahrhundert baufällig geworden, so dass man es durch einen Neubau ersetzte. In den Jahren 1736 bis 1738 entstand ein stattliches Kirchenschiff, das von einem hohen Walmdach überdeckt wird. Beide Längsseiten werden von je zwei großen Rundbogenfenstern geöffnet, dazwischen ist mittig je ein Portal eingefügt. Diese werden von schlichten, geohrten Einfassungen gerahmt und von sockelartig gestalteten Bekrönungen verziert, über denen sich kleine Rundfenster erheben. In den Türsturz sind das Baujahr 1738 sowie die Inschrift „renovirt 1888“ eingemeißelt, die beiden hölzernen Türblätter sowie die Beschläge sind Neuschöpfungen nach altem Vorbild. Während der barocken Baumaßnahmen wurde auch der dreifach abgestufte und in einer Laterne endende achteckige Haubenturm über die Chorpartie errichtet. Er wird von einem bauzeitlichen schmiedeeisernen Kreuz mit Wetterfahne bekrönt.
Die Baugeschichte
Anfang des Jahres 1735 beklagt sich der Löhnberger Pfarrer Franck in einem Schreiben an den Direktor des Nassau-Saarbrückischen Consistoriums über den ruinösen Zustand seiner Kirche und stößt hiermit ein erstes Nachdenken über einen Neubau an. Aufgrund seines Hilferufs beauftragte das Konsistorium eine Reihe Bauhandwerker, die alte Kirche zu inspizieren. Diese bestätigten den schlechten Zustand der Bausubstanz und die Notwendigkeit des Abbruchs zumindest des Langhauses. Das Mauerwerk des Chores sei noch gut erhalten, jedoch bedürfe das Dachtragwerk ebenfalls der Erneuerung. Erschwert wird der Fortgang des Bauprojektes durch Fragen der Baulast und der Zuständigkeit, da die Laneburg mit der Schlosskirche zwei Herrschaften (Nassau-Weilburg-Saarbrücken und Nassau-Diez) hatte, die sich in einem längeren Briefwechsel gegenseitig die Verpflichtungen zur Finanzierung des Kirchenbaus zuschoben. Während des Planungsstadiums 1735 entstand ein Bauplan des Baumeisters Joseph Heim (Grundriss, Querschnitt und Ansicht), der jedoch nicht ausgeführt wurde. Da die Unterlagen des heutigen Baues nicht erhalten blieben, kann man nicht sagen, ob Heim auch einen Alternativplan erarbeitete oder ein anderer Baumeister hierfür beauftragt wurde. Erhalten blieb jedoch die ausgeführte Planskizze des Chorturmes von Zimmermeister Alexander Glöckner, der vier Jahre früher den Turm der ev. Kirche in Weilmünster geschaffen hatte. Es gibt einen ersten Kostenüberschlag, der nur die geringe Summe von ca. 700 Gulden aufführt. Dies ist mit Sicherheit zu wenig – die Baukosten werden circa 4000 bis 4500 Gulden betragen haben, vergleichbar dem Bau der etwa annähernd so großen Kirche in Kubach (1782-84). Das erhaltene Manual über die Einnahmen zu dem Bau gibt an, dass der größte Teil durch Holzverkäufe an einen holländischen Flößer zusammenkam, was etwa 2760 Gulden erbrachte. Hinzu kamen noch 90 Gulden für den Verkauf von Eichenlohe (Rinde), die man für die Ledergerbung brauchte. Zudem durfte eine Kollekte ausgeschrieben werden, die die Summe von ca. 161 Gulden ergab. Die Kirchenkasse der Pfarrgemeinde selbst gab nur 100 Gulden hinzu. 1742 beklagt das Konsistorium, dass einige Handwerksrechnungen immer noch nicht beglichen worden seien.
Die Ausstattung
Das Innere des Löhnberger Gotteshauses ist für eine evangelische Kirche in Nassau ungewöhnlich reich und aufwändig ausgestattet. Es ist deutlich erkennbar, dass die Bauherren ihren repräsentativen Status als Schlosskirche betonen wollten. Die Architektur selbst ist recht einfach. Die mittelalterliche Chorapsis mit ihren ursprünglich wohl maßwerkverzierten Spitzbogenfenstern verlor durch den Einbau von Kanzelaltar und Orgelempore ihre einstige Raumwirkung. Das Langhaus von 1736-38 ist ein schlichter Saalraum mit einer hölzernen Voutendecke (Flachdecke, deren Übergänge zum aufgehenden Mauerwerk als Hohlkehlen ausgeführt sind). Entscheidender ist somit die im Dekanat einzigartige Ausstattung durch einen Kanzelaltar, Orgel- und Gemeindeemporen sowie die figürliche und ornamentale Bemalung der Decke sowie der Emporen durch Weilburger Hofkünstler.
Das Deckengemälde
Die Deckengestaltung besteht aus zwei, gestalterisch und technisch unterschiedlichen Bereichen: dem zentralen Deckenspiegel, der durch ein riesiges Ölgemälde auf insgesamt drei Leinwänden gebildet wird, und den äußeren, umrahmenden Partien, bei denen die Farben direkt auf die hölzerne Deckenkonstruktion aufgetragen wurden. Ganz typisch für die barocke Illusionskunst wurde malerisch die raumabschließende Wirkung der realen Decke aufgehoben und dem Betrachter einen Blick in einen Raum jenseits der Decke vorgespiegelt. Dieser wurde im wörtlichen wie übertragenen Sinn als „Himmel“ gestaltet: in realistisch gemalten Wolkenformationen erscheint die Vision des spirituellen Jenseits mit Engeln, die - in unserem Fall - die Heilige Dreifaltigkeit umgeben. Die Dreierstückelung der Leinwände tritt auch in der Komposition des Gesamtbildes zutage: die Mitte wird vom dem zentralen Thema, der Trinität eingenommen: Gottvater als bärtiger Greis und Jesus mit einem Kreuz in der Hand thronen auf einer großen, von sechs Engeln getragenen Weltkugel – darüber schwebt die Taube des Heiligen Geistes. Alle Personen der Heiligen Dreifaltigkeit werden von einem leuchtenden Kreis – einem umfassenden Heiligenschein – hinterfangen. Die obere Leinwand zeigt weitere fliegende Engel und mehrere Putti, die in den Wolken schweben. Das untere Drittel zeigt drei, auf dunklen Wolken stehende Engelsfiguren. Die zentrale Himmelsfigur ist durch Harnisch und Kreuzstab als Erzengel ausgewiesen - das Fehlen weiterer Attribute lässt jedoch eine genauere Identifikation nicht zu. Wohl um der malerischen Abwechslung willen hat der Künstler den rechten Engel in der Rückenansicht gezeigt. Auch zwischen den großen Engeln schweben mehrere kleinere Himmelswesen. Die zentrale Bilddarstellung wird durch rahmende Ornamentbordüren in die Deckenfläche eingebunden. Auch der Übergang zu den Wänden ist mit Zierstreifen geschmückt. Das farbenprächtige Deckengemälde wird dem italienischen Maler Lazarus Maria Sanguinetti zugeschrieben, einem der vielen „welschen“ Künstler, die aus ihrem Heimatland in die Fremde zogen, um dort zu arbeiten. Da die italienische Kunst im 18. Jahrhundert sehr bewundert und in Deutschland hoch geschätzt wurde, beriefen zahlreiche Adels- und Fürstengeschlechter dortige Künstler, vor allem Maler, um ihre Schlösser und Kirchen auszuschmücken. Einer der berühmtesten von ihnen, Gianbattista Tiepolo (1696-1770) wurde etwa vom Würzburger Fürstbischof beauftragt, seine Stadtresidenz mit Fresken zu schmücken. Viele der kleineren Herrschaften eiferten dem nach – konnten jedoch aus finanziellen Gründen nicht die ganz großen Meister über die Alpen locken. L. M. Sanguinetti stammte vielleicht aus Genua, seine Lebensdaten sind nicht bekannt. Er war ein viel beschäftigter Mann, dessen ersten bekannten Werke in Böhmen entstanden (Fresken im Weißen Schloss in Schlackenwerth (1692-95). Desweiteren sind Fresken von ihm im Schloss Montabaur (1696), Schloss Philippsburg bei Ehrenbreitstein (1712), Schloss Elisabethenburg in Meinigen (1714) u. a. erhalten. Im Weilburger Schloss malte er 1709 das Deckenfresko des Kurfürstenzimmers. Sein letztes eindeutig bezeugtes Werk entstand bereits 1728, also zehn Jahre vor dem Löhnberger Deckenbild, was seine Urheberschaft fraglich erscheinen lässt. Nur eine eingehende Stilanalyse seiner gesicherten Werke mit dem Löhnberger Gemälde könnte die Zuschreibung an Sanguinetti klären.
Die Gemeindeempore
Die Gemeindeempore zieht sich um die drei Seiten des Gemeinderaumes und ist durch zwei Treppenläufe auf der Westseite zu besteigen. Ihre ursprünglichen Stützen wurden während der Restaurierung von 1888 durch zierliche gusseiserne Eisensäulen ersetzt, die 1957 mit Holzsäulen umgeben wurden. Bei der Sanierung der Kirche im Jahr 1998 wurde diese Verkleidung entfernt und die heutigen schmiedeeisernen Zierbügen in Anlehnung an die Vorhergehenden angebracht. Sämtliche Brüstungsfelder der Empore wurden mit Malereien geschmückt. In dem erhaltenen Manual der Bauausgaben wird als ausführender Künstler ein Maler Seekatz genannt, der hierfür die nicht unbeträchtliche Summe von 216 Gulden 20 Albus erhielt. Die Familie Seekatz war eine Künstlerfamilie, die sich in Westerburg bis in das Jahr 1641 zurückverfolgen lässt. Zwei Künstlerpersönlichkeiten dieser Familie kämen als Ausführende in Frage: Georg Friedrich Christian Seekatz (geb. 1683 in Westerburg, + 22.12. 1750 in Weilburg), war ab1706 zum Hofmaler von Johann Ernst von Nassau-Weilburg ernannt worden, dem u.a. Ausmalung der Neubauten des Schlosses und der Schlosskirche oblag. Sein Sohn Friedrich He(i)nrich Seekatz wurde am 16.9.1707 in Westerburg geboren. Er machte eine Kunstmalerlehre bei seinem Cousin Johann Ludwig Seekatz, war ab 1742 für zehn Jahre in Worms tätig und folgte 1752 seinem Vater in das Amt des hessisch-weilburgischen Hofmalers. Für Friedrich Heinrich spricht die Tatsache, dass in einer erhaltenen Kirchenrechnung von 1735 Ausgaben für dessen Verpflegungskosten aufgeführt sind. Andererseits war sein Vater wohlbestallter Hofmaler mit eigener Werkstatt und ein so großer Auftrag konnte in absehbarer Zeit nicht von einem einzelnen Künstler ausgeführt worden sein. Somit könnte man vermuten, dass vielleicht Vater und Sohn in Werkstattgemeinschaft die Ausmalung der Emporen und der Kanzel besorgten. Die breiteren Felderungen der Gemeindeempore zeigen Brustbilder Christi, der Apostel sowie des hl. Paulus und wechseln mit schmaleren Tafeln mit zierlich gemalten Blumengehängen. Den Personendarstellungen sind ihre Namen auf kleinen Schildchen beigefügt. Während die Apostel die Werkzeuge ihres Martyriums tragen, ist Jesus als Salvator Mundi (Retter der Welt) mit der Erdkugel dargestellt. Als die Hauptpersonen sind Jesus, Petrus, Paulus und Matthias auf der westlichen Emporenbrüstung dargestellt, die anderen Apostel verteilen sich auf den Längsseiten der Empore. Auf den beiden Abschlussbilder der Emporenbrüstung nach Osten finden sich zwei szenische Bilder: auf der südlichen Seite ist die Darstellung des Propheten Jonas, der von dem Walfisch wieder an Land gespien wird, während auf der nödlichen Seite die Auferstehung Christi dargestellt ist. Diese typologische Gegenüberstellung eines alttestamentarischen Geschehens mit einem Ereignis aus dem Neuen Testament ist seit alters in der Auslegungstradition der Bibel verankert. So wie Jonas drei Tage im Bauch des Fisches ausharren musste, ist Christus drei Tage in die Hölle hinabgestiegen, bevor er auferstand. Was im Alten Testament angedeutet und verkündigt wird, vollendet sich im Neuen Testament. Dadurch sollte verdeutlicht werden, dass Christus wirklich derjenige war, auf den die Propheten hingewiesen hatten...
Der Kanzelaltar
Altar, Kanzel und Orgelempore sind gemeinsam entstanden und bilden eine materielle und funktionale Einheit. Der Altartisch ist relativ einfach gestaltet und zeigt auf der Vorderseite nur ein mit einem vergoldeten Blattzierfries umrahmtes Feld. Die Altarplatte ist aus schwarzem Marmor mit weißer Äderung. Eine ovale Vertiefung in der Oberfläche nahm ursprünglich eine Messingschale mit Deckel auf, die das Taufwasser aufnahm. So sind die wichtigsten Ausstattungstücke in einer Einheit und in der Hauptachse der Kirche versammelt: der Altar, der für das heilige Abendmahl steht, die beckenartige Aussparung für die Taufe, die Kanzel steht für das zentrale Element des protestantischen Gottesdienstes, die Predigt. Über allem erhebt sich die Orgel, die als musikalische Stimme den Gottesdienst erhöht und verschönt. Die Kanzel ist reich und kostbar verziert mit Schabrackenbordüre mit vergoldeten Ziertroddeln. Den Schalldeckel schmücken Eckvasen und reicher, plastischer Muschel- und Volutendekor, eine weiße Heilig-Geist-Taube sitzt auf dem zierlich ausgearbeiteten Abschlussknauf. Der fünfseitige Kanzelkorb besitzt eine eher schlichte, teilweise marmorierte Felderung. Der obere Kanzelbereich wurde gleich der Emporenbrüstung mit figürlichen Darstellungen und Blütengehängen bemalt. Die Kanzeltür, die durch eine erhaltene barocke Treppe mit Brettbalustern auf der Rückseite zugänglich ist, wurde mit dem Bild eines Engels, der eine geöffnete Bibel hält, geschmückt. Darüber steht: „Ich hab das Wort des Herrn an Euch“. Auf dem schmalen Feld oberhalb der Tür ist die Darstellung eines knienden Mannes. Das darüber gemalte Schriftband trägt die Inschrift: „Herr, rede, denn dein Knecht höret“. Auch die Unterseite des Schalldeckels ist bildlich verziert: hier ist ein lichtdurchflutetes Dreieck mit drei roten Flämmchen abgebildet: dies ist das Symbol des dreieinigen Gottes, hiervon ausgehend ist die Inschrift „Wer Euch höret, der höret mich“ zu lesen. All diese verschiedenen Bilder und Texte der Kanzel thematisieren je auf ihre Weise die Bedeutung und die Wichtigkeit des Gotteswortes und dessen Verkündigung. Auch die biblischen Autoren selbst sind dargestellt: Auf den Brüstungsfeldern der Orgelempore zeigen (von links nach rechts) Markus mit dem Löwen, Matthäus mit dem Engel, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem Adler. Die Gemälde von Kanzel und Orgelempore wurden gleich der Gemeindetribüne von Seekatz geschaffen.
Die Kirchenbänke
Die gesamte Bestuhlung der Kirche stammt noch aus der Bauzeit und ist fast vollständig erhalten. Auf den Buchablagen sind Nummern eingraviert worden, denn bis in jüngere Zeit war es üblich, dass jeder Einwohner des Ortes seinen festen Sitzplatz in der Kirche besaß, wobei Männer und Frauen getrennt saßen. Damit es nicht zu einem Streit kam, wurden die Sitze unter den Bewohnern verlost, zudem musste man jedes Jahr einen bestimmten Betrag für den Platz zahlen. Daneben gab es noch besondere Sitzplätze für die Kirchenvorstandmitglieder, die früher Kirchenälteste genannt wurde, die Pfarrfamilie sowie für die Verwaltungsbeamten des Schlosses. Diese hatten als Vertreter des Landesherrn seitlich des Altares ihre Plätze – diese Bänke sind die einzigen, die 1957 entfernt wurden. Da es immer wieder Streit um die Sitzplatzregelung gab, hatte der Graf Johann Ernst von Nassau Weilburg eine offizielle Regelung der Kirchstuhle verfassen lassen, an die sich die Pfarrer zu halten hatte.
Die Grabplatte des Amtskeller Thamerus und seiner Frau
Unterhalb der Orgelempore rechts des Altares ist im Bodenbelag der Zugang zu der gewölbten Grabgruft des Ehepaares Thamerus eingelassen. Direkt an der Wand dahinter erhebt sich ein prächtiger barocker Grabstein aus schwarzem Marmor mit hellen Äderungen, der ihrem Gedenken gewidmet ist. Als Amtmann war Johann Kaspar Thamerus Repräsentant des Weilburger Grafen und dessen Verwalter. Die Tatsache der Bestattung innerhalb der Kirche sowie die Größe und Qualität des Grabsteins ist direkter Ausdruck des Reichtums und der hohen gesellschaftlichen Stellung des Paares.
Im unteren Teil der Platte stehen die durch Rundbogen gerahmten Lebensläufe der beiden Verstorbenen in lateinischer Sprache. Darüber erheben sich ihre reliefierten Familienwappen, die von Palmwedeln gerahmt und von einer Krone überhöht sind. Der obere Abschluss ist geschweift und mit einem Kugelaufsatz versehen.
Die Inschrift der rechten Seite lautet übersetzt:
„Hier an der Seite ruht das was sterblich war, von der am Tage vor den Iden des Oktober 1688 [14.10.] geborenen Susanne Dorothea Thamerus aus dem Geschlecht der Weinrich. Ihr Vater war der unermüdliche Pfarrer in Weilburg, ihre Mutte r aus der auserlesenen Familie Tonsor [Scherer]. 1710 verheiratete sie sich mit dem vortrefflichen Nassau-Saarbrückischen Amtmann Johann Caspar Thamerus. Von ihm Mutter von acht Kindern überlebten sie drei Söhne und eine Tochter. Ihren Haushalt leitete sie sorgfältig, ihren Gatten umsorgte sie liebevoll, die Kinder pflegte sie mit besonderer Liebe. Gott gefiel sie durch Rechtschaffenheit, allen Menschen durch ihre Aufrichtigkeit. Etliche Jahre vom Durst verbrannt und von einem bösartigen Fieber verzehrt, wurde sie endlich zu den Quellen des unbefleckten Lammes versetzt, sie hörte auf zu dürsten für immer. Am 7. der Iden des August im Jahre 1731 starb sie und erwartet hier an ihrer Seite den gelieben Mann. - Meine Seele hat Frieden –
Die linke Inschrift lautet:
Nach 4 Jahren 3 Monaten kommt auch er, der diesen Zeitraum als Witwer zubrachte, zu seiner Gattin. Johann Caspar Thamerus, welcher zu Stolberg am 7. Tage vor den Iden des Dezember 1674, nach dem Julianischen Kalender gerechnet, geboren war. Sein Vater war im evang. Kirchendienst und später Superintendent in Hildburg seine Mutter Adelheid Seher. Während er sich literarischen Studien widmete, befiel ihn eine äußerst erbitterte Krankheit, die er nach langem Siechtum doch endlich mit solch glücklicher Geisteskraft überwand, dass er im Inner- später im Kriegsdienst mit Auszeichnung unter dem erlauchten Grafen Johann Ernst von Nassau tätig war. Darauf wurde er hier an diesem Orte im Zivildienst verwandt und vielseitig erprobt zu der Würde eines Amtmannes befördert, von dessen Bürde er befreit wurde, als er gottergeben am 9. November 1735 seine Seele aushauchte. Sein hinterlassener Sohn, mit seinem Amte betraut, ließ mit den beiden Brüdern und ihrer Schwester dieses Grabdenkmal den lieben Eltern errichten. Gehe weiter, Wanderer, und bedenke gehörig dein Ende.
Die Orgel
Die erste in Löhnberg bezeugte Orgel wurde 1697 von dem Nassau-Diezischen Kellner (Amtmann) Johann Philipp Dielen und seiner Frau Anna Elisabeth, geb. Lehr in den Chor des Gotteshauses zusammen mit der Orgelempore gestiftet. Das Werk besaß sechs Registern und stammte von dem Meister Johann Wilhelm Schaum, Orgelmacher zu Langgöns. Für ihre Stiftung erhielt das Ehepaar das lebenslange Anrecht auf einen Kirchenstuhl in der ersten Reihe in unmittelbarer Nähe des Altars. Kurz nach dem Neubau des neuen Langhauses 1738 wird auch eine Orgel erwähnt – wahrscheinlich war damit das alte Instrument von 1697 gemeint, da man aus Kostengründen die gerade einmal vierzig Jahre alte Orgel nicht erneuert haben wird. Eine umfangreiche Reparatur durch den Orgelbaumeister Schöler aus Bad Ems ist im Jahr 1808 belegt. Um 1878 wurde von G. Knauf (Bleicherode bei Gotha) ein neues Orgelwerk von 10 Registern angeschafft. Hierbei entstand ein schlichtes querrechteckiges Gehäuse, dessen Prospekt durch Pilasterteilungen untergliedert und mit geschnitzten, barockisierenden Schleierbrettern verziert war. Dessen Werk wurde 1963 unter Erhalt des historisierenden Gehäuses durch eines der Firma Walcker ersetzt. 1998 wurde die gesamte Orgel entfernt (die Dekorteile wie Schleierbretter, Kapitelle und andere Ornamente von 1878 werden auf dem Dachboden aufbewahrt) und eine gänzlich neue Orgel errichtet. Dessen Gehäuse mit seinem schlichten dreiteiligen Rundbogenprospekt stammt aus Altstadt bei Hachenburg und war 1881 von Gustav Raßmann aus Möttau hergestellt worden. Das neue darin eingebaute Werk wurde durch die Orgelbaumeister Günter Hardt und Sohn aus Möttau gebaut. Die Disposition des einmanualigen (C-f3) Instrumentes lautet: Octavbaß 8’, Subbaß 16’, Trompete Diskant 8’, Trompete 8’, Mixtur 2’ 4 f, Octave 2’, Quinte 2 2/3’, Flöte 4’, Octave 4’, Gedackt 8’, Salicional 8’, Prinzipal 8’
Die Geschichte der Glocken
Die älteste Glocke der Schlosskirche entstand bereits vor dem Baubeginn im Jahr 1735. Sie besaß einen Durchmesser von 70 cm und eine Höhe von 56 cm und zeigte die Inschrift:
„Johannes Gruber (oder Gruzer) Dillenburgischer Ambtmann / Henricus Alexander Thamerus / Weilburgischer Amtskeller / Andreas Franke Pfarrer / ANNO 1735 / MABILLOT FECIT“. Die Inschrift nannte also die Vertreter der beiden Landesherrn und den damaligen Pfarrer Franke. Mabil[l]ot war der Name einer seit dem 16. Jahrhundert bekannten französischen Glockengiesserfamilie im Anjou (St.-Nicolas-de-Bourgueil), die Glocken bis jenseits des Rheins (u.a. Koblenz- Ehrenbreitstein) lieferte.
Eine weitere Glocke entstand 1775 (Durchmesser 82, Höhe 63 cm). Sie trug die Inschrift: „1775 bin ich in Lenburg gegossen worden / in die Parkirch durch / Meister Johann Jacob / Rinker von Aßlar / den 1.Mai / Wir rufen jeder Mann, komme /auf unsern Klang und / Sucht Euch Rath zum / Beten, Hören und Gesang“
Das Geläut wurde 1840 durch eine dritte Glocke (Durchmesser 65 cm und Höhe 54 cm) vervollständigt. Auf ihr fanden sich die Worte:
„H. Hild Pfarrer zu Löhnberg / J. Ph. Gelbert Schultheis / (PL Wenzel) / Gegossen von W. Rinker aus / Leun im Jahre 1840 / Ich lade (hier) an heiligen Festen /ein glücklich Volk zum Tempel ein / O Möchtet ihr zu eurem Besten / dann meinem Rufe folgsam sein“
Die beiden jüngeren Glocken von 1770 und 1840 mussten im ersten Weltkrieg abgegeben werden, die mittlere wurde 1920, als man ein neues Dreiergeläut bei der Firma Rincker bestellte, offenkundig dort abgegeben und umgeschmolzen. Diesen Glocken war kein langes Leben beschieden – bereits 1942 verlor die Gemeinde die beiden Größeren der Glocken von 1920, nur die kleinste blieb zurück.
Die heutigen Glocken stammen von 1950. Sie wurden von Rincker in Sinn gegossen, tragen die Inschriften: „Wachet“, „Betet“, „Wirket“ und sind auf die Tonfolge a´- c´´ - d´´ gestimmt.
Die kleine Glocke von 1920 sollte in die Friedhofskapelle von Löhnberg transferiert werden, kam jedoch in einen Glockenturm auf den Schulhof von Fürfurt.