Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Elias
Heute Abend soll es besonders schön werden – und bitte, es muss alles passen – das Essen soll schmecken, eine Familie soll eine Familie sein und kein Zankhaufen – und die Geschenke sollen genau meine Wünsche erfüllen. Und harmonisch bitte auch – und weiße Weihnacht! Das wär‘s.
Heute Abend soll es besonders sein. Warum gerade heute?
Ich glaube, dass wir heute besonders spüren, was in uns drinnen los ist. Und da drinnen – also ganz tief da drinnen – dort ist eine große, große Sehnsucht. Mehr als ein Wunsch, mehr als ein Traum – wir spüren ein starkes Sehnen. Etwas in uns sehnt sich so sehr. Dass es in Erfüllung geht – was so sehr fehlt.
Es ist wie ein schwarzer Fleck in uns drinnen und dieser Fleck drückt und zieht in uns. Er lässt nicht zur Ruhe kommen. Der Fleck macht uns zu Schaffen und wir finden keinen Frieden.
Da bist z.B. du. Du vielleicht. Du sehnst dich so sehr danach, dass du dich einmal anlehnen kannst. So richtig fallen lassen kannst und die Anspannung weg ist. Loslassen und in guten Armen gehalten sein. – –
Da bist du, du vielleicht. Du bekommst heute Abend wieder super Geschenke, aber das größte Geschenk wäre für dich, wenn du mit Papa den Ball kicken könntest und er heute Abend nicht ein Bier nach dem anderen killen würde. – –
Und da ist sie. Sie, die so viel aushalten muss in Cherson, in Bachmut oder Kiew, die das Kreischen der Sirenen nicht mehr hören kann. Sie friert, die Familie hat keinen Strom. – –
Und er, der 18-Jährige aus Sibirien, der jetzt im Graben liegt, verwundet, weil ein alter Mann die Macht hat, junge Leben in den Krieg zu schicken.
Und da bist du, du vielleicht. Wer du auch bist. Was du auch fühlst, was du dir so sehnlichst wünscht.
Wir alle miteinander teilen dieses Gefühl von Sehnsucht tief in uns. Etwas lässt uns nicht zur Ruhe kommen, es zieht und drückt, dass wir keinen Frieden finden. Frieden finden – Erfüllung für die Sehnsucht. Die Nacht der Nächte. Kann aus diesem Gefühl Glauben werden? Glauben, dass der dunkle Fleck einmal weg ist. Wir brauchen einen Glauben, der uns festhält. Ein Gefühl des Glaubens, das uns erfüllt und Frieden gibt.
An Weihnachten entdecken wir Gott ganz anders. Gott ist nicht allmächtig. Er ist nicht ein Mann mit Bart, der da irgendwo sitzt und das wars dann. An diesen Gott können wir nicht mehr glauben. Deshalb verlassen so viele Menschen die Kirche. Lassen Sie uns Gott ganz anders entdecken. Gott ist klein und zart und hilflos. Gott ist ein neugeborenes Kind.
Als Christen müssen wir heute Abschied nehmen von dem Gott ist nicht zu finden hinter Sternen und Galaxien, in Palästen und Kathedralen. Gott ist ganz unten in einem Stall, wo Tiere hausen Und er liegt noch weiter unten tief in der Krippe, woraus die Tiere sonst fressen. Kannst du dir Gott so vorstellen? Dass wir auf ihn herabschauen und merken: das soll Gott sein? Hätte ich mir mächtiger und stärker vorgestellt. Ein Kind, das in den nächsten Tagen hätte sterben können – am Dreck und Schmutz, an einer Kinderkrankheit, am Krieg, den es auch damals gab. Aber dieses Kind lebt. Und wie jedes Kind ist es der Sieg der Liebe und es ist die Hoffnung, dass Sehnsucht wahr wird.
Lassen wir uns heute bitte von diesem Kind anrühren. Wie es uns ansieht und uns sagt: Ich bin geboren mitten im Elend. Und ich werde leben. Mein Licht scheint auf deinen dunklen Fleck und das Schwarze wird berührt von dem Licht.
Lassen wir uns lieben von diesem Kind – Liebe pur und echt. Ohne wenn und aber. So wie ein Kind liebt, so liebt Gott. Und diese Liebe hält dich und mich, dass es nicht ganz und gar aus ist mit uns allen. Sondern dass wir immer noch zusammenstehen mitten in einer kalten Welt. Und wir singen unsere Lieder und sprechen unsere Gebete und sind zusammen vor Gott– trotz allem. Und wir halten unsere Herzen hin und unsere schwarzen Flecken – wir halten ihm unsere Sehnsucht hin. Und sein Licht scheint und seine Liebe wärmt.
Wer das Glauben kann und sei es nur ein ganz kleines bisschen. Wer das tief in sich spürt und glaubt. Der glaubt und hat alles. Mehr ist nicht nötig. Mit diesem kleinen Kind und diesem kleinen Glauben werden wir es schaffen, weiterzumachen.
Lassen wir uns berühren von diesem Kind. Und wir spüren den Frieden, der uns alle erfüllen wird. In uns, und in dieser Welt. An diesen Frieden zu glauben und ihm Raum zu geben, das wird diesen Abend schön machen.
Friede auf Erden und allen Menschen. Frohe Weihnachten!
Amen.